Ablenkung als Strategie
Der Normalzustand des Bewußtseins ist Entropie – ein Zustand, der weder nützlich noch angenehm ist.
Um diesen Zustand zu vermeiden, sind die Menschen gewöhnlich darauf bedacht, ihre Gedanken mit allen möglichen zur Verfügung stehenden Informationen zu füllen, so lange diese die Aufmerksamkeit vom Inneren und den negativen Gefühlen ablenken. Das erklärt, warum so ungeheuer viel Zeit beim Fernsehen [am Handy oder in der Arbeit] verbracht wird, obwohl man es nur selten genießt. Verglichen mit anderen Reizen – wie Lesen, Gespräche mit anderen Menschen, Hobbys – stellt einem […] Fernsehen [und Handy oder PC] ständig leicht zugängliche Informationen zur Verfügung, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers mit nur geringen Kosten an psychischer Energie strukturieren. Wenn man fernsieht [am Handy herumspielt oder arbeitet], braucht man keine Angst zu haben, dass die abschweifenden Gedanken einen zwingen, sich dringlichen persönlichen Problemen zu stellen. Es ist verständlich, dass man diese Gewohnheit kaum noch aufgeben kann, wenn man sie einmal als Strategie für die Überwindung psychischer Entropie entwickelt hat.
Der bessere Weg, das Chaos im Bewußtsein zu vermeiden, besteht natürlich in Gewohnheiten, die einem Kontrolle über geistige Prozesse verleihen, statt sich auf eine Außenquelle der Stimulierung zu verlassen, wie beim Fernsehen [am Handy oder bei Arbeitsdingen].
Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow: Das Geheimnis des Glücks. Stuttgart, 2001.