Depression versuchen zu verstehen #1

Ich verstand nicht, warum sich einer umbringen wollte. Auch nach all den Wochen verstand ich es nicht.
Also, irgendwie verstand ich es schon, aber ich verstand nicht, dass es einer wirklich versuchte.
Traurig sein und sich umbringen wollen, das waren zwei ganz verschiedene Paar Stiefel.
Ich wusste, was Depressionen waren. Meine Mutter hatte es mir erklärt. Das war, wenn einer bloß noch dasaß. Oder lag. Und nichts mehr tun konnte. Normalerweise führte ein Gedanke zum nächsten. Aber wenn man Depressionen hatte, führte kein Gedanke irgendwohin. Er hörte einfach auf.
Ein Gehirn mit Depressionen, das war wie ein Fahrrad mit einem kaputten Tretlager. Man konnte strampeln, wie man wollte, aber man kam doch nicht vom Fleck.

Bov Bjerg: Auerhaus. München, 2015

Funny van Dannen – Erleuchtet

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=lUPR09S0iE4

Immer wenn ich erleuchtet bin, denke ich, na schön,
jetzt biste wieder erleuchtet, kann ja jeder seh’n
und sonst, was soll ich sagen, der Kosmos ist ok
aber immer dieses Verschmelzen, ich weiß wirklich nicht, ach nee.

Erleuchtet, erleuchtet, erleuchtet, ja toll,
ich weiß nicht, was die Gier nach Erleuchtung soll

Oliver Kahn: Wie Menschen ermüden und sich erschöpfen

Kahn, Oliver: Ich. Erfolg kommt von innen. München, 2008

Da wir nun mal keine „Herkulesse“ sind, werden wir mit dieser Einstellung an einen Punkt kommen, an dem wir dem permanenten Anforderungsdruck nicht mehr gewachsen sind. Wir werden uns überfordern. Wer so denkt, wird allerdings auch die Warnsignale überhören, die Körper und Geist vorsichtshalber eingerichtet haben. Es ist ein Kreislauf, verhängnisvoll wie bei Sisyphos, denn wer so denkt, hat es ja gerade gelernt, sich zu überwinden, also die Sicherheitsvorkehrungen und Warnschüsse zu ignorieren.

Erinnerung: Heute Vortrag über Schlafmittel

Noch einmal sei auf den interessanten Vortrag am Max-Planck-Institut für Psychiatrie erinnert, der heute stattfindet: Und abends eine Schlaftablette? Chancen und Risiken von Medikamenten für die Nacht von Dr. med. Pierre Beitinger

  • Heute von 18 Uhr 30 bis 20 Uhr
  • Im Hörsaal des Max-Planck-Institut für Psychiatrie

Nähere Informationen sind auf der Seite des Max-Planck-Insituts für Psychiatrie zu finden.

Die Ratgeber: Die sieben Säulen der Resilienz

Carola Kleinschmidt ist Autorin einiger sehr guter Bücher zu unserem Thema. (Zuletzt „Burnout – und dann? Wie das Leben nach der Krise weitergeht„). Sie schreibt auch auf Die Ratgeber, eine Website zum Thema Arbeitswelt mit speziellem Fokus auf stressfreies und gesundes Arbeiten. Zu finden ist hier das lesenswerte Dossier Burnout. Und, kürzlich veröffentlicht, auch ein paar hörenswerte kurze Podcasts zum Thema Resilienz: Die sieben Säulen der Resilienz.

„Ich bin gut, so wie ich bin.“

„Seit der Zeit in der Tagesklinik misst Daniel alles, was er tut, ganz pragmatisch an seinem neuen Lebensmotto: ‚Ich bin gut, so wie ich bin.‘ Der 33-Jährige erklärt: ‘Das heißt: Ich kann machen, was ich möchte. Und es hat bestimmte Konsequenzen. Aber es geht nicht darum, etwas zu tun, damit andere mich mögen oder toll finden. Ich selbst kann mich akzeptieren wie ich bin.‘ Der Satz klingt einfach, aber das war wohl Daniels größte Lehre. Denn sein früheres Lebensmotto entsprang natürlich der Idee, dass er eben nicht gut genug sei, so wie er ist. Sondern, dass er ordentlich ackern müsse, um etwas wert zu sein. Erst nach der zweiten Krise hatte er die Kraft, sich konsequent von dieser elterlichen Prägung zu lösen.“

Kleinschmidt, Carola: Burnout – und dann? Wie das Leben nach der Krise weitergeht. München, 2016.

 

 

Hinweis: Vortrag über Chancen & Risiken von Schlafmitteln

Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie veranstaltet nächste Woche wieder einmal einen interessanten Vortrag zu einem Thema, das manche von uns betrifft: Und abends eine Schlaftablette? Chancen und Risiken von Medikamenten für die Nacht von Dr. med. Pierre Beitinger

  • Am 28. März 2017
  • Von 18 Uhr 30 bis 20 Uhr
  • Im Hörsaal des Max-Planck-Institut für Psychiatrie

Nähere Informationen sind auf der Seite des Max-Planck-Insituts für Psychiatrie zu finden.

Herausfinden, was los war – um es künftig besser zu machen

„Die Suche nach den Schuldigen für das geistige, gesellschaftliche oder familiäre Klima, in das man hineingeboren worden ist, hat im Nachhinein wenig Sinn, sie kann eigentlich nur einem einzigen Zweck dienen, nämlich zu erkennen, wie man selbst an der Gestaltung eines bestimmten Klimas mitwirkt, um nicht lebt erneut aus Unwissenheit schuldig werden zu müssen. Denn das Klima, in dem Menschen künftig aufwachsen und leben, lässt sich ebenso verändern wie die Art und Weise, wie wir unser Gehirn fortan benutzen.“

Hüther, Gerald: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn. Göttingen, 2012

Nein-Sagen-Lernen als wichtige Aufgabe

_muedigkeitsgesellschaftAn den psychischen Erkrankungen von heute wie Depression, Burnout oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom ist dagegen kein Verdrängungs- oder Verneinungsprozess beteiligt. Sie verweisen vielmehr auf ein Übermaß an Positivität, also nicht auf die Verneinung, sondern eher auf das Unvermögen, Nein zu sagen, nicht auf das Nicht-Dürfen, sondern auf das Alles-Können.

Byung-Chul Han: Müdigkeitsgesellschaft. Berlin 2016